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Unterwegs in der Rechtsgeschichte

Studierende der Fakultät Wirtschaftsrecht auf Exkursion in Weimar

Sudenten vor einem Gebäude

Prof. Sven Müller-Grune mit Studierenden vor dem "Haus der Republik" in Weimar

Wirkungsort von Schiller und Goethe, Stätte des Bauhaus‘ und Namensgeberin der Weimarer Republik: Schon diese wenigen Stichworte zeigen, wie groß die Bedeutung der Stadt Weimar für die Geschichte und Kultur Deutschlands ist. Wohl nur wenige andere Orte hierzulande können eine vergleichbare Stellung für sich in Anspruch nehmen. Dass die geschichtsträchtige Residenzstadt an der Ilm zudem in sehr kurzer Zeit von Schmalkalden aus erreichbar ist, liefert Anlass genug dafür, ihr auch im Rahmen des Studiums einen Besuch abzustatten. So stand am 19. April 2024 auch für das zweite Semester der Fakultät Wirtschaftsrecht eine Exkursion mit eben diesem Ziel auf dem Plan. Erlebbar war dabei Rechts- und Verfassungsgeschichte in authentischer Kulisse.

Wie es mittlerweile schon einer Tradition entspricht, verleiht Prof. Dr. Sven Müller-Grune mit dem regelmäßig wiederkehrenden Ausflug seiner Lehrveranstaltung „Staats- und Verfassungsrecht“ einen geschichtlichen Bezug. Eine Gruppe von acht Studierenden folgte diesmal dem Angebot und konnte sich interessiert mit einer wichtigen Entwicklungsstufe unserer heutigen Rechtsordnung befassen. Während der Begrüßung wusste der aus Weimar stammende Professor für Öffentliches Wirtschaftsrecht seinen Studierenden aber zunächst zu berichten, dass Schmalkalden und das „Ilm-Athen“ nicht nur geographisch nah beieinander liegen, sondern es auch historisch zwischen den beiden Städten enge Verflechtungen gibt. Man könne sogar behaupten, dass Weimar ohne Schmalkalden kaum je zu einer Relevanz dieser Dimension gelangt wäre.

Stationen zur Weimarer Reichsverfassung

Der zentrale Programmpunkt bestand sodann in einem Besuch des „Hauses der Weimarer Republik“. Direkt gegenüber des Deutschen Nationaltheaters, der historischen Tagungsstätte der Nationalversammlung von 1919, kann man hier seit ihrem 100-jährigen Jubiläum die Besonderheiten der ersten Demokratie Deutschlands nacherleben. Bei einer kurzweiligen Führung ließ sich die Schmalkalder Delegation so in verschiedene Themenwelten einführen und konnte eine Menge wissenswerter Informationen gewinnen. Mit besonderem Interesse verfolgten die angehenden Wirtschaftsjuristen gerade die Stationen zur Weimarer Reichsverfassung, welche für ihre Zeit als äußerst fortschrittlicher Verfassungstext angesehen werden kann und als solcher Errungenschaften wie eine Ausweitung des Wahlrechts und die Garantie von Grundrechten hervorbrachte.

Gerade in den heutigen Zeiten, die in so mancher Hinsicht mit „Weimarer Verhältnissen“ aufwarten, war aber auch der Blick darauf aufschlussreich, wie die Weimarer Republik von innen bedroht wurde, letztlich zerstört werden konnte und so den Ausgangspunkt für die faschistische Diktatur bildete. Eine wesentliche Erkenntnis der Exkursion bestand darin, dass Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und verwandte Prinzipien keine Automatismen darstellen, sondern immer wieder klare Bekenntnisse erfordern und verteidigt werden müssen. Ganz in diesem Sinne ließ sich an die Worte von Friedrich Ebert, Reichspräsident bis 1925, erinnern, welche er in einer Rede vor der Nationalversammlung am 11. Februar 1919 vortrug: „Freiheit und Recht sind Zwillingsschwestern. Die Freiheit kann sich nur in fester staatlicher Ordnung gestalten. Sie zu schützen und wiederherzustellen, wo sie angetastet wird, das ist das erste Gebot derer, die die Freiheit lieben.“

Sonderausstellung „Zwei Welten – eine Republik“

Um Ebert und seinen Nachfolger Paul von Hindenburg ging es auch in der im Anschluss besuchten Sonderausstellung „Zwei Welten – eine Republik“, die den Kontrast zwischen den beiden Staatsmännern als Ausdruck der politischen Spaltung der Weimarer Republik beleuchtet. Ihre ganz unterschiedlichen Herangehensweisen im Umgang mit den Vorgaben der Weimarer Reichsverfassung erschienen zur Deutung der Entwicklung nicht weniger spannend und schärften den Blick auf die in der Bundesrepublik gezogenen Schlüsse. Knüpft das Grundgesetz an vielen Stellen auch an seinen historischen Vorgänger an und inkorporiert sogar einige ältere Vorschriften, gibt es doch eine ganze Reihe markanter Unterschiede zwischen den Verfassungstexten. Sie erklären sich oft als Reaktion auf die erkannten juristischen Schwachstellen.

Im Anschluss führte Prof. Müller-Grune die Teilnehmenden noch zu weiteren Sehenswürdigkeiten seiner Heimatstadt: Nach einem kurzen Besuch der Stadtkirche St. Peter und Paul (Herderkirche) mit dem berühmten Cranach-Altarbild konnte so das zum Teil rekonstruierte Gebäude-Ensemble am Markt betrachtet werden, ehe es noch zu weiteren Zielen wie z.B. dem Stadtschloss, der Herzogin-Anna-Amalia-Bibliothek – passenderweise am Platz der Demokratie gelegen – und den Wohnhäusern von Goethe sowie Schiller ging. In den Fußstapfen historischer Persönlichkeiten ließ sich mehr und mehr verstehen, wieso Weimar das ideale Ziel für eine studentische Exkursion darstellt. Zeit zur freien Verfügung blieb natürlich auch.

So können die Studierenden auf einen lehrreichen Tag zurückblicken, mit dem sich das in den nächsten Wochen noch theoretisch zu erwerbende Wissen gut beleben lässt. Auch nachfolgende Semester dürfen sich auf Erlebnisse dieser Art freuen, wie der Dozent gerne ankündigt.