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„Ein Lächeln öffnet viele Türen“

Offizieller Startschuss für WORT-Projekt im Rathaus

Studierende berichten über ihre Erfahrungen

Griselda Becker und Marco Castañero berichten im Interview mit Florence Schmalz über ihre Erfahrungen in Schmalkalden.

In historischer Kulisse fand am Mittwoch die offizielle Kick-off Veranstaltung des WORT-Projektes, welches durch den Freistaat Thüringen aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds Plus gefördert wird, statt. Das Projektteam hatte in den über 600 Jahre alten Rathaussaal eingeladen, wo bereits der Schmalkaldische Bund tagte. Zentrales Thema des Projektes „WORT – Weltoffene Region Thüringens“ ist es, mit vielen regionalen Maßnahmen internationale Arbeitskräfte zu binden und zum Hierbleiben zu bewegen. Ein Miteinander soll initiiert und gestärkt werden. Prozesse der interkulturellen Öffnung in Organisationen wie Unternehmen und Vereinen sollen in Gang gesetzt werden. Im Zentrum von Schmalkalden soll ein Begegnungszentrum entstehen, wo alle eingeladen sind, mitzumachen.

Bürgermeister Thomas Kaminski blickte in seiner Begrüßung zum Thema Weltoffenheit 30 Jahre zurück: „Die Hochschule war vor 30 Jahren schon weltoffen, was sich auch auf die Stadt ausgewirkt hat. Aber sobald ungeplant Menschen zu uns gekommen sind, gab es Vorbehalte.“ Mit der Flüchtlingskrise 2015 seien bis zu 200 syrische Flüchtlinge nach Schmalkalden gekommen, die alle hiergeblieben sind und Arbeit gefunden haben. Eine Herausforderung sei es gewesen, die syrischen Mütter in die Gesellschaft zu integrieren. „Als Stadt sind wir gefordert, die Menschen zu integrieren“, so Kaminski. Eine weitere Herausforderung sei es gewesen, die vielen neuen ausländischen Studierenden und ukrainischen Flüchtlinge in der Stadt unterzubringen. „Es ist uns gut gelungen, aber vieles könnten wir noch besser machen“, resümierte Kaminski. „Für uns alle, sind die ausländischen Mitbürger eine wechselseitige Bereicherung, denn ohne sie wären wir nicht der Wirtschaftsstandort Schmalkalden oder der Hochschulstandort.“

Zum Thema Weltoffenheit sprach auch Hochschulpräsident Prof. Gundolf Baier. „In vielen Bereichen sind wir schon sehr weltoffen, aber wir wollen noch besser werden.“ Das WORT-Projekt solle kein Projekt nur der Hochschule sein, sondern alle seien aufgerufen, daran mitzuwirken. An der Hochschule Schmalkalden seien derzeit über 1000 ausländische Studierende aus über 80 Ländern eingeschrieben. Das sei sehr erfreulich, aber nachdenklich stimme Baier, dass viele der ausländischen Studierenden die Region wieder verlassen. Die Hochschule habe daher eine Internationalisierungs- und Fachkräftebindungsstrategie entwickelt. Auch die Hochschule verändere sich durch die vielen ausländischen Studierenden. Das Hochschulpersonal müsse fit gemacht werden, was nicht immer einfach sei. Anderseits müsse Deutsch als Fremdsprache bei den ausländischen Studierenden wichtiger werden.

Projektmitarbeiterin Simone Treiber sagte noch einige Worte zum Projekt: So wolle WORT interkulturelle Öffnungsprozesse unterstützen und biete für Unternehmen und Institutionen Beratung zur Personal- und Organisationsentwicklung an. Unternehmen können auch ihre eigenen Mitarbeiter coachen lassen. Selbsttragende Dynamiken sollen sich hierbei entwickeln. Ein Teil des Projektteams ist räumlich beim interculture.de e.V. angesiedelt. „Das Projekt soll von lokalen Akteuren getragen werden, auch über die Laufzeit hinaus“, so Treiber. „Wir gehen auf Unternehmen zu und stellen uns in Einrichtungen wie zum Beispiel in Schulen vor.“


Toleranz macht glücklich

Ein weiterer Redner war Prof. Dr. Michael Behr vom Thüringer Sozialministerium. Er sprach über die demografischen Herausforderungen, die besonders Thüringen treffe. Dies führe zu einem flächendeckenden Fachkräftemangel. „Wir kommen zu einer erschöpften Erwerbsgesellschaft“, so Behr. Dies führe zwangsläufig zu einem Vakanzstress – ältere Arbeitnehmer gingen eher in Rente, obwohl sie eigentlich länger arbeiten sollten. Die Anzahl der ausländischen Arbeitskräfte in Thüringen habe sich seit 2010 von 10 000 auf 64 000 erhöht. Diese kämen aus 155 Ländern. So habe sich auch der Arbeitsmarkt in Thüringen internationalisiert. Und das sei auch gut so, denn wir seien bereits am Limit. „Ohne Zuwanderung geht es nicht. Wir müssen uns in Thüringen als zuwanderungsfreundlichste Region präsentieren, sind darauf aber nicht gut vorbereitet.“ Behr unterstütze dieses Modellprojekt daher sehr gerne und wolle es ausrollen auf andere Regionen. Toleranz mache glücklich – das sollten wir alle mitnehmen.

Über ihre Erfahrungen in Schmalkalden berichteten die beiden ehemaligen Studierenden Griselda Becker und Marco Castañero. Beide stammen ursprünglich aus Mexiko City und hatten eigentlich nicht vor, in Schmalkalden zu bleiben. Aber wie das Leben so spielt, sind sie doch geblieben. Marco hat mittlerweile ein Haus mit Garten in Floh-Seligenthal, arbeitet bei der Firma FTT, spielt Fußball und trainiert dort die Jugendmannschaft. „Ich hatte keinen Plan und wollte eigentlich nicht hierbleiben“, erzählt er. Auf die Einheimischen gehe er immer mit einem Lächeln zu – das öffne viele Türen. Auch Griselda ist hier heimisch geworden und hat eine Familie gegründet. Ihre Kinder gehen mittlerweile in Schmalkalden zur Schule. Um mit der einheimischen Bevölkerung in Kontakt zu kommen, müsse man unbedingt die Sprache lernen. Auch dies öffne viele Türen.

Letzter Redner war schließlich Stefan Schwabe vom Verein „Bunte Kultur Schmalkalden“ (BUKS). Schwabe zog es 2014 nach einem Studium in Halle und London wieder zurück nach Schmalkalden. Der Verein verfolgt ähnliche Ziele wie WORT mit Partizipation, Nachhaltigkeit und Eigendynamisierung – und setzt dabei auf einen praktischen Ansatz. Denn beim gemeinsamen Anpacken treten so manche Unterschiede in den Hintergrund. Dadurch könne man sich kennenlernen und das Miteinander von Menschen verschiedener Einstellungen, Kulturen und Traditionen unterstützen. Im Rahmen des WORT-Projektes entsteht dafür in der ehemaligen Milchhalle in der Weidebrunner Gasse 6 ein Begegnungsort – ein Ort, der für Offenheit steht und zum Verweilen einladen soll. Dieser Raum soll eine Brücke schlagen zwischen Hochschule und Innenstadt und eine Plattform des Austausches bieten.