Gut fünf Jahre ist es mittlerweile her, dass die Nachrichten erstmals von Inzidenzen, Intensivkapazitäten, Maskenpflichten und Lockdowns geprägt waren. Gerade für die Wirtschaft hatte die Pandemie gravierende Auswirkungen, war sie doch zahlreichen rechtlichen Bestimmungen zum Schutz vor Infektionen unterworfen. Konfliktfrei verlief all dies nicht: Mit der Schere zwischen dem Gesundheitsschutz der Bevölkerung einerseits und ökonomischen Interessen andererseits waren Streitigkeiten quasi vorprogrammiert. Dass deren rechtliche Aufarbeitung noch heute die Justiz beschäftigt, konnten Studierende auf einer Exkursion zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig aus nächster Nähe erleben.
Auf dem Plan stand zunächst der Besuch einer Verhandlung vor Deutschlands höchsten Richtern der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Im verhandelten Fall ging es um die Anordnung der Schließung des stationären Einzelhandels durch die Behörden eines deutschen Bundeslands. Ein betroffener Elektronikfachmarkt hatte sich im Vorfeld mit einem Normenkontrollantrag gegen die entsprechende Verordnung gewandt; sein Antrag war von der Vorinstanz jedoch als unbegründet abgelehnt worden. Hiergegen richtete sich nun die Revision zum Höchstgericht in Leipzig. In der Diskussion standen vor allem die Aspekte der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Schließungsmaßnahme sowie ihre Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz aus Art. 3 GG im Fokus. Die Studierenden konnten so miterleben, wie praxisrelevant der Lernstoff in der Vorlesung ist; besonders vom Verhältnismäßigkeitsprinzip hatte man doch schon oft zuvor gehört.
Begleitet wurde die Exkursion durch Professor Karsten Löw und den wissenschaftlichen Mitarbeiter Paul Kluth (beide Fakultät Wirtschaftsrecht). Herr Kluth hatte als Organisator der Exkursion den Studierenden im Vorfeld eine thematische Einführung in den Streitgegenstand angeboten, mit der einige auftretende Fragen schon erste Klärung erfuhren konnten.
Nach der Verhandlung und einer Pause war eine Führung um und durch das historische Reichsgerichtsgebäude ein weiterer Höhepunkt des Tages. Geleitet wurde der Rundgang von einem abgeordneten Verwaltungsrichter, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter aus erster Hand vom Alltag am Gericht berichten konnte und mit allerlei Wissenswertem über das Bauwerk und seine Geschichte aufwartete. Nach der Fertigstellung im Jahre 1895 sei das Reichsgericht hier zu finden gewesen, zu DDR-Zeiten vor allem ein Museum. Schon von außen imposant, beeindruckten im Inneren besonders die Kuppelhalle, der Saal für Wehrdisziplinarverfahren, der Große Sitzungssaal und der Festsaal. Interessant war auch die Erkenntnis, wie herrschaftlich der Reichsgerichtspräsident in der einstigen Präsidentenwohnung residierte, nahm sie damals doch einen üppigen Teil des Gebäudes ein. Den Teilnehmenden hat das Programm sehr gut gefallen. Kurz vor der Prüfungszeit war es ein tolles Erlebnis, um die Theorie mit einem Blick in die Praxis zu beleben.
Besonderer Dank gilt neben Herrn Kluth, der die Exkursion organisiert hat, dem Alumniverein der Fakultät Wirtschaftsrecht der Hochschule Schmalkalden e.V. Der gemeinnützige Verein hat sich der Studierendenhilfe verschrieben; mit seiner finanziellen Unterstützung für die An- und Abreise konnte die Exkursion überhaupt erst realisiert werden.