Eine Podiumsdiskussion zur aktuellen Arbeitsmarktsituation in Südthüringen fand gestern Abend an der Hochschule Schmalkalden statt. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie internationale Fachkräfte erfolgreich in den regionalen Arbeitsmarkt eingebunden werden können.
Der Fachkräftemangel stellt Südthüringen vor große Herausforderungen, während zugleich zahlreiche internationale Absolventinnen und Absolventen der Hochschule Schmalkalden bereitstehen, ihre berufliche Zukunft in der Region zu gestalten. Damit dies gelingt, müssen sprachliche, rechtliche und kulturelle Hürden überwunden und gleichzeitig offene Strukturen in Unternehmen geschaffen werden, die langfristige Perspektiven bieten.
Im Podium saßen Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Hochschule, darunter Hochschulpräsident Prof. Gundolf Baier, Holger Bock, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Thüringen-Südwest, Staatssekretär Udo Götze, IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Ralf Pieterwas sowie Jens Schott vom Unternehmen Adtran Networks SE. Ergänzt wurde die Diskussion durch Stimmen internationaler Absolventen der Hochschule Schmalkalden, die über ihre Erfahrungen, Erwartungen und Zukunftspläne berichteten.
Südwestthüringen habe die am stärksten rückläufigen Beschäftigungszahlen, so Holger Bock von der Agentur für Arbeit. Trotzdem gebe es noch Bewegung am Arbeitsmarkt. Da seien immer noch Betriebe, die händeringend nach Arbeitskräften suchen: „Die Kunst wird es sein, die richtige Arbeitskraft zu finden und zu besetzen.“ Eine hohe Dynamik am Arbeitsmarkt und steigende Stellenzugänge deuten allerdings auf eine Stabilisierung hin. Für Akademiker gebe es aktuell 621 gemeldete Stellen auf dem Südthüringer Arbeitsmarkt.
Was die Südthüringer Unternehmen suchen, darüber berichtete Dr. Ralf Pieterwas und machte deutlich, dass Thüringen ein Facharbeiterland sei. 64 Prozent der Unternehmen suchen Facharbeiter, lediglich vier Prozent Akademiker. Mit Veranstaltungsformaten wie „Industrie Intouch“, einer Aktion bei der Südthüringer Unternehmen ihre Türen für Berufseinsteiger und Auszubildende öffnen, kommen Unternehmen und potenzielle Arbeitskräfte frühzeitig in Kontakt.
Bei Adtran in Meiningen arbeiten aktuell 360 Mitarbeiter, davon 41 aus dem Ausland. „Wir versuchen die Mitarbeiter schnell und umfänglich in unsere Unternehmenskultur zu integrieren“, so Jens Schott. Hierfür biete Adtran Deutschkurse an und helfe bei der Wohnungssuche und bei Behördengängen. Schwierig sei es, die Familienangehörigen zu vermitteln. „Hier haben wir auch schon den ein oder anderen Mitarbeiter verloren“, so Schott. Nicht verloren hat das Unternehmen Camila Rodrigues, die als Austauschstudentin an die Hochschule Schmalkalden kam und den Masterstudiengang Mechatronics & Robotics absolvierte. Sie arbeitet heute erfolgreich als Test Design Engineer bei Adtran Networks SE in Meiningen. Im Interview berichtete sie über ihren Weg von Brasilien nach Deutschland, ihre persönlichen Erfahrungen beim Berufseinstieg sowie über die Herausforderungen und Chancen internationaler Absolventen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Die größten Hürden bei ihrem Berufseinstieg seien die Bürokratie und die Sprache gewesen, so Rodrigues. „Vernetzt euch und nutzt alle Möglichkeiten, die euch die Hochschule bietet“, gab sie den Studierenden mit auf dem Weg.
Darüber hinaus berichteten Alejandro Lobo aus Venezuela und Mohamed Samir Mahmoud aus Ägypten über ihre Erfahrungen beim Berufseinstieg in Südthüringen.
Wie viele ausländische Absolventen tatsächlich bleiben, darüber gebe es leider keine validen Zahlen, so Hochschulpräsident Gundolf Baier. Allerdings sei das Bleibeinteresse bei ausländischen Studierenden größer als bei deutschen Studierenden.
Im Publikum saß Maschinenbauprofessor Frank Schrödel. Er hat schon viele ausländische Absolventen an der Hochschule Schmalkalden betreut. „Die tägliche Arbeit mit den ausländischen Studierenden macht riesig viel Spaß, aber sie in den heimischen Arbeitsmarkt zu integrieren, bleibt eine Mammutaufgabe“, so Schrödel. Unternehmen wie Adtran seien da eher eine Ausnahme.
Moderiert wurde die Podiumsdiskussion durch Belinda Schlott von der Agentur für Arbeit und Dominik Strempel vom Career Service der Hochschule. Die Veranstaltung ist eine Kooperation zwischen beiden Einrichtungen.